Feuer und Farbe 

Gemälde und Grafiken von Walter Jacob 

Vom 9. Juni bis zum 25. August 2024 zeigte das Lindenau-Museum Altenburg im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg eine umfassende Ausstellung mit Werken des Künstlers Walter Jacob. Das Œuvre des gebürtigen Altenburgers ist geprägt von seiner scharfen Beobachtung der Natur. Immer wieder zog es den rastlosen Maler auf das Land, in die Berge und an das Meer, um die Schönheit und die Kraft von Pflanzen und Tieren aber auch immer wieder sich selbst in Zeichnungen und Gemälden festzuhalten.

Während sich das Frühwerk Jacobs noch deutlich an der Formensprache des Impressionismus und Expressionismus orientiert, entwickelte er im Alter abstrakte Landschaften, die seine stilistische Vielfalt und Experimentierfreude offenbaren. Werke aus dem Zeitraum von 1913 bis 1962, darunter viele Selbstportraits, geben Einblicke in die künstlerische Entwicklung des Malers. Sie verweisen auf Menschen und Orte, die ihn auf seinem Lebensweg begleitet und inspiriert haben. Ganz besonders vermitteln die Gemälde und Grafiken aber seinen leidenschaftlichen Umgang mit dem Material Farbe.

Porträt der Familie Jacob, um 1898
Kapitel 1

Walter Jacob in Altenburg

Bereits in jungem Alter möchte der in Altenburg geborene Walter Jacob Künstler werden. In seiner Heimatstadt und in der Umgebung entstehen erste Landschaftsbilder, die bereits seine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Natur sowie seine besondere Fähigkeit im Umgang mit Farbe sichtbar werden lassen. Sein Vater Friedrich Richard Jacob, der selbst Hofdekorationsmaler ist, stirbt unerwartet im Alter von nur 47 Jahren. Die fehlende Unterstützung seiner Mutter Anna Sidonie Lina Jacob hält ihn nicht von seinem unumstößlichen Wunsch ab, Maler zu werden. Dynamische Pinselstriche, mit denen er seine Motive herausarbeitet, erinnern an die ikonischen Sonnenblumenbilder von Vincent van Gogh (1853–1890), die Jacob in Büchern studiert und in der Galerie Cassirer in Berlin gesehen hat. In der Großstadt arbeitet er als Anstreicher, um sich etwas Geld zu verdienen und dann wieder in die ländliche Einsamkeit fliehen zu können, um zu zeichnen und zu malen. Es entstehen Einblicke in den Schlossgarten des Residenzschlosses Altenburg, die Sie besonders gut wiedererkennen können, wenn Sie sich auf dem Schlossgelände in Altenburg umsehen.

Ein erstes Selbstbildnis mit dem Titel Selbstbildnis mit Zigarette zeigt Jacob elegant gekleidet mitten in der Natur. Die lebendige Blüte der Pflanzen gegenüber der Starre in seinem Gesicht und den in dunklen Höhlen liegenden Augen dokumentieren Jacobs Zerrissenheit zwischen seiner tiefen Naturverbundenheit, den Wegbereitern der Moderne, die bereits eine expressionistische Farb- und Formensprache erarbeiten und einer eigenen, ausdrucksstarken Handschrift. Als er nach Dresden geht, um ein Kunststudium aufzunehmen und dort Kontakte mit den Kunstschaffenden vor Ort knüpft, werden die künstlerischen Einflüsse der ausdrucksstarken Sprache der Expressionisten in seinen Motiven deutlich sichtbar.

„Farbe, Farbe, Farbe, Kraft, Einfachheit, das ist alles!!

— Walter Jacob an Walter Grünert, Dresden, Februar 1919

Ein Instrumentenkonstrukteur misst das Spektrum der Sonne

Der Physiker Knut Johann Ångström (1857–1910) misst im Jahr 1893 die Gesamtintensität und Strahlungswärme der Sonne. Ihre farbmalerische Kraft zeigt sie ganz besonders eindrücklich in einem Bild, das im gleichen Jahr entsteht: Edvard Munch (1863–1944) malt die erste Version seines berühmten Gemäldes Der Schrei. Einen lauteren Farbknall hätte es für das Geburtsjahr von Walter Jacob nicht geben können.

Walter Jacob an der Staffelei in Münsa bei Altenburg

Walter Jacob beim Malen in Münsa, 1911

„Letzterer interessiert besonders durch die lokalen Motive […] –u. bereiten durch seine wilde Technik manchem Betrachter einiges Kopfzerbrechen. Aber bei gehörigem Abstand kommt die Bildwirkung schon heraus.“

— Altenburger Landeszeitung, 1911

Walter Jacob, Postkarte an Walter Grünert, 1911

Walter Jacob, Bleistiftskizze seines Freundes Walter Grünert, 1911

Kapitel 2

Dresden und die Begegnung mit Heinrich Kirchhoff

Bevor der junge Walter Jacob als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teilnimmt, ermöglicht ihm ein Stipendium der Lindenau Zach´schen Stiftung ein Studium an der Königlichen Kunstakademie in Dresden. Nach einer Verwundung im Krieg kehrt er an die Hochschule zurück und beendet das Studium. Im Jahr 1920 nimmt er Kontakt zum Kunstsammler Heinrich Kirchhoff (1874–1934) in Wiesbaden auf. Da die Großstadt für Jacob nach eigenen Aussagen das „schädlichste Gift" ist, sucht er nach Möglichkeiten, sich in die Natur zurückzuziehen und sein künstlerisches Schaffen voranzubringen. In Wiesbaden treffen beide aufeinander und schließen einen zweijährigen Vertrag. Neben der finanziellen Unterstützung ermöglicht ihm der Sammler einen Aufenthalt in Eltville am Rhein, wo Jacob sich ganz auf seine Kunst konzentrieren und arbeiten kann. Das Wesen der Natur, die Stille und die finanzielle Unabhängigkeit, die er zum ersten Mal erfährt, münden in Bilder, die nicht nur seine stilistische Vielfalt, sondern auch Einblicke in seine Selbstwahrnehmung als Künstler gewähren. Neben farbintensiven Landschaftsdarstellungen wie dem beidseitig bemalten Gemälde Kloster Eberbach, entstehen farbige Holzschnitte, die den Förderer Kirchhoff abbilden und experimentelle Selbstporträts als Prometheus, als Frau und als Transvestit. Trotz reger Ausstellungsbeteiligung und -planung sowie guter Kritiken in der Presse betont er in Briefen immer wieder, dass er niemandem als seiner Kunst gerecht werden wolle: „Malen, Malen, Malen.

Walter Jacob in seinem Atelier, undatiert (um 1916)

Foto von Walter Jacob, Ira Spies, Oskar Kokoschka, Gela Förster und Hugo-Zehder

Walter Jacob in Dresden, 1919

Zwergenäste und Hyperriesen

Im Jahr 1913 entwickelt der amerikanische Wissenschaftler Henry Norris Russel (1877–1957) aufbauend auf den Forschungen des dänischen Astronomen Ejnar Hertzsprung (1873–1967) ein Diagramm, das Zusammenhänge zwischen der Leuchtkraft und der Oberflächentemperatur von Sternen herstellt. Walter Jacob hält in dieser Zeit Landschaftseindrücke im Bilde fest, die sich durch eine besondere Farb- und Oberflächengestaltung auszeichnen.

Der Sammler Heinrich Kirchhoff

Eine folgenreiche Begegnung

Foto von Heinrich Kirchhoff Garten in Wiesbaden

Garten von Heinrich Kirchhoff in Wiesbaden

Ein Bild, Zwei Landschaften

Klicke das Bild, um die Rückseite des Werkes zu sehen

„Hier ist Gott!!! – Noch nie habe ich in den Gräsern, Bäumen, Tieren, Wolken, der Luft, Sonne, Erde seine Sprache gehört wie hier!!!

— Walter Jacob an Heinrich Kirchhoff, Eltville, Oktober 1920

Malen wie Walter Jacob

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Die Reise von zwei Grafiken

Provenienzforschung – ein junges Fach der Kunstgeschichte – erzählt über die Herkunft der Bilder

Die beiden Motive entstanden während Walter Jacobs Aufenthalt in der Villa des Wiesbadener Kunstsammlers und Mäzens Heinrich Kirchhoff (1874–1934). Die Umsetzung der Darstellungen auf den Holzstock erfolgte vermutlich auch direkt in Wiesbaden, wo Jacob die technischen Hilfsmittel hatte. Jacob druckte die farbigen Holzschnitte von Hand bei seinem Aufenthalt in Wiesbaden. Da die Höhe der Auflage nicht auf den Grafiken vermerkt ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen, wie viele Abzüge vom Holzstock existieren, auch der Verbleib der Holzstöcke ist nicht bekannt. Beide Holzschnitte befanden sich bis zum Tod von Heinrich Kirchhoff in dessen Kunstsammlung, die nach 1934 aufgelöst und verkauft wurde. Unter den Nationalsozialisten galten viele Werke der Sammlung als „entartet“.

Wann die beiden Grafiken in die Sammlung des Fürther Ehepaars Elisabeth und Alfred Hoh gelangten, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Diese 1985 begonnene, umfangreiche Sammlung enthielt hauptsächlich Kunstwerke der Klassischen Moderne, die zwischen 1905 und 1930 entstanden sind. Vor allem die europäische Avantgarde bildete den Mittelpunkt der Sammlung, neben großen Namen wie Karl Schmidt Rottluff (1884–1976), Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) und Natalja Gontscharowa(1881–1962) waren vornehmlich heute weniger beachtete Künstlerinnen und Künstler darunter wie Sophia Karlovna (1883–1956), Gösta Adrian Nilsson(1884–1965), Albert Gleizes (1881–1953) und William Wauer (1866–1962) vertreten. Aus ihrer Sammlung kauften und verkauften Elisabeth und Alfred Hoh regelmäßig Werke an Museen und auf dem Auktionsmarkt, so gelangten die Grafiken von Jacob 1992 in das Lindenau-Museum Altenburg.

Passbild von Walter Jacob 1920

Walter Jacob, Passbild, 1920

Kapitel 3

Flammende Natur

Nachdem der Vertrag mit seinem „Goldfuchs Heinrich Kirchhoff vorzeitig aufgelöst wird, geht Walter Jacob auf die Hallig Hooge in der Nordsee. Er will „Bergriesen malen und sie mit dem Meer verbinden. Die Vernetzungen nach Dresden und Wiesbaden zeigen Wirkungen und in beiden Städten kündigen sich Ausstellungen für ihn an, denen er mit Stolz entgegensieht. Zurück in Dresden tritt er stärker in Kontakt mit dem Kunsthändler Ludwig Gutbier (1873–1951), Leiter der Galerie Ernst Arnold, mit dem Stadtmuseum Dresden, dem Kunsthistoriker, Galeristen und Kunstkritiker Paul Ferdinand Schmidt (1878–1955) sowie der Münchner und Berliner Galerie Thannhauser. Den modischen Klassizismus, Verismus und Konstruktivismus lehnt er ab und will bei sich und der Natur bleiben. Es entstehen farbintensive und bewegte Landschaftsdarstellungen sowie ausdrucksstarke Selbstbildnisse. Als Jacob im Jahr 1925 auf Einladung des Künstlers Max Liebermann (1847–1935) an der Frühjahrs-Ausstellung an der Berliner Akademie teilnimmt, gibt er der verachteten Großstadt eine Chance und plant Ausstellungen in der Galerie Nierendorf und in der Galerie Wiltschek. Was allerdings dazu führt, dass er sich im Jahr 1926 von den Planungen „geprellt, betrogen + vollkommen pleite zurückzieht, ist nicht genau zu belegen. Nur dank der finanziellen Unterstützung des Malers Emil Nolde (1867–1956) kann er Berlin im selben Jahr verlassen und zieht sich zurück auf das Land nach Oberaudorf. Obwohl er sich nach Bäumen und Bergen sehnt, geht er im Jahr 1929 unerwartet nach München und erlebt dort die „furchtbarsten drei Jahre seines Lebens.

Kugelsternhaufen und Spiralarme

Während die Astronomen Harlow Shapley (1885–1972) und Heber Doust Curtis (1872–1942) im Jahr 1920 in Washington über die Größe der Milchstraße und die Weite des Universums diskutieren, findet Walter Jacob auf der Erde sein größtes Glück. Es entstehen leuchtende Landschaften, die von Farbe und Licht durchflutet sind.

Näherkommen...

Erfahren Sie anhand des folgenden Gemäldes mehr über den Künstler Walter Jacob.

„Das Malen ist für mich ein großes Fest + in diesem funkelnden strahlenden Farbenfest lebe ich […].

— Walter Jacob an Walter Grünert, 1923
Kapitel 4

Anpassung aus Überzeugung?

Während sich die politische Stimmungslage in Deutschland verschärft und in eskalierende Auseinandersetzungen zwischen rechts- und linksextremistischen Parteien münden, gerät Jacob wie viele andere Menschen in eine wirtschaftliche Notlage. Als kampferfahrener Soldat tritt er am 1. April 1932 in die NSDAP und in die Sturmabteilung (SA) ein. Innerhalb weniger Jahre steigt er vom einfachen SA Mann zum Obertruppführer auf. Die Aktivität im NS-System wirkt sich auch künstlerisch auf seine Motive aus. Es entstehen zugängliche Landschaftsbilder und Stillleben sowie naturgetreue Tierdarstellungen und Selbstbildnisse, die unter Adolf Hitler (1889 –1945) als regimekonform gelten. Es gehört zu der in sich widersprüchlichen nationalsozialistischen Kunstpolitik, dass bestimmte Künstlerinnen und Künstler für ihr Schaffen gleichzeitig angeprangert und gewürdigt wurden. So entfernten die Nationalsozialisten 35 Arbeiten aus Jacobs Frühwerk aus den Museen und Galerien im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“. Im Jahr 1934 lernt Jacob seine Frau Charlotte Brünner (1912–1991) kennen, die er heiratet. Ein Jahr später kommt ihre gemeinsame Tochter Michaela (1935–2009) zur Welt. Um seinen beruflichen Status als Kunstmaler zu sichern und seine Familie zu versorgen, Arbeitsmaterialien erwerben zu können und Zugang zum immer stärker reglementierten Kunst und Ausstellungsbetrieb zu erhalten, beantragt er im Jahr 1938 eine Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste. Im Auftrag entwickelt er Wandbilder für Speiseräume der Offiziere, Mannschaftsräume großer deutscher Flugplätze sowie Porträts von SA-Männern. Ende Dezember 1944 zieht er als Kompanieführer des Volkssturms an die österreichische Ostfront. Als im April 1945 Jacobs Tochter Friederike zur Welt kommt, befindet er sich mit seiner Kompanie gerade auf dem Rückzug. Letztlich trifft er seine Familie in Bad Hindelang im Allgäu wieder, wo sie sich niederlassen.

Die Bausteine des Lebens

Im Jahr 1927 befasst sich der belgische Theologe und Astrophysiker Georges Lemaître (1894–1966) mit der Theorie zum Urknall. Zwei Jahre später geht Walter Jacob unerwartet nach München und erlebt dort drei Jahre voller Unglück. Im Jahr 1932 tritt Jacob der NSDAP und der Sturmabteilung (kurz SA) bei.

„vollkommen seelischer Zusammenbruch! Vollkommenes Negieren! Unglück auf Unglück. Not! Glaubens- Hoffnungslos! Glühen eines Fünkchens was nach + nach zur Flamme wird!

— Walter Jacob an Walter Grünert, München, 28. Dezember 1934

Unter den Schichten aus Farbe

Eine Reinigung der Bilder übernimmt im Museum das Team der Restaurierung.

Für die Ausstellung „Feuer und Farbe" mussten nicht nur Oberflächen, sondern auch Rückseiten der gezeigten Gemälde gereinigt werden. Über die vielen Jahrzehnte waren die Malschichten der Bilder bereits abgedunkelt. Aufgrund des guten Klimas, in dem die Gemälde im Depot des Museums aufbewahrt wurden, waren in den meisten Fällen jedoch keine weiteren Schritte der Reinigung notwendig. Nur für einige wenige Bilder mussten andere Maßnahmen, wie z. B. eine Festigung der Malschicht durchgeführt werden, um diese vor Verlusten zu schützen. Das Team der Restaurierung des Lindenau-Museums Altenburg entfernte vorsichtig Staubpartikel und -fäden sowie leichte Verschmutzungen, Feuchtigkeitsspritzer und Fliegenexkremente.

Wir fanden das Gemälde Hochzeitsstrauß, welches Walter Jacob im Jahr 1934 anfertigte, in einem generell verschmutzten Zustand vor. Das Motiv der Blumen wirkte gräulich-gelb verfärbt und die Farben etwas abgestumpft. Besonders die hellen Flächen des Hintergrundes lenkten durch Verfärbungen vom farbintensiven Blumenstrauß ab. Da die Oberfläche des Bildes nicht durch einen schützenden Firnis versiegelt worden war, sammelten sich über die Zeit Verunreinigungen in den Tiefen der Malstruktur an und schmälerten den Gesamteindruck der Arbeit. Nachdem der Staub vorsichtig mit einem weichen Pinsel entfernt wurde, konnte das Gemälde mit einem milden, in Wasser verdünntem Tensid – ein Shampoo für Bilder – gereinigt werden. Sehr festgesetzter Schmutz wurde mit feinen Pinseln und Wattestäbchen sowie einer speziellen Reinigungslösung unter einem Stereomikroskop entfernt.

Hochzeitsstrauß Vorher

Hochzeitsstrauß vor der Restaurierung

Hochzeitsstrauß Nachher

Hochzeitsstrauß nach der Restaurierung

Kapitel 5

Bergdämonen und Leichtigkeit

Nach 1945 setzt eine Zeit für Jacob ein, in der er sich einerseits mit seinen Erfahrungen der Teilnahme an zwei Weltkriegen aber auch andererseits mit seiner jungen Familie und dem Heranwachsen der Töchter in der neugewählten Heimat Bad Hindelang im Allgäu beschäftigt. Künstlerisch entstehen parallel zu den düsteren Bergdämonen leichte und farbenfrohe Aquarelle, die Jacobs Unbeschwertheit und Naturverbundenheit spürbar werden lassen. Auf asiatisch anmutenden Motiven fließen leuchtende Farben ineinander und zeigen neben vereinfachten Landschaftsdarstellungen die Sonne, die Jacob zeitlebens verehrt. Bevor seine Farbpalette etwas Schatten bekommt und die Motive von einer gewissen Unruhe und Angst durchdrungen werden, widmet sich Jacob bekannterweise nur ein einziges Mal künstlerisch einem neuen Medium. Aus zehn Millimeter starkem Kupferdraht formt er angelehnt an das Märchen der Brüder Grimm das Relief Bremer Stadtmusikanten. Die verspielten und geschwungenen Formen vermitteln Leichtigkeit und eine Experimentierfreude, die sicherlich auch durch seine Kinder inspiriert ist. Trotz seiner Familie zieht es ihn immer wieder in die Einsamkeit der Berge, um dort allein und nur für die Kunst zu arbeiten. Parallel zu den zarten Aquarellen entstehen düstere Motive, die nächtliche Szenerien oder biblische Themen aufgreifen. Im Jahr 1956 findet Walter Jacobs Retrospektive in Paris statt. In der Galerie André Maurice werden rund 200 Arbeiten präsentiert. Ein Jahr später wird er als einziger bundesdeutscher Künstler im Salon d´art libre ausgestellt.

Heiße Lavaströme auf der Venus

Im Jahr 1956 wird erstmals Radiostrahlung aus elektrischen Entladungen in der Venusatmosphäre empfangen. Durch ein Radar wird eine Temperatur von 400° auf der Oberfläche des Planeten Venus gemessen. Walter Jacob hat in Paris seine Retrospektive in der Galerie André Maurice, auf der 200 seiner Arbeiten zu sehen sind.

Die Reihe Bergdämonen

„Ich fühle ganz stark das innere Werden + Wachsen + erlebe + sauge die ganze Schönheit ganz in mich auf, wenn ich auf einer blumigen Wiese liege + schaue, schaue, schaue, dann strömt es mit voller Gewalt in mich + das muß + werde ich malen!!!

— Walter Jacob an Charlotte Jacob, Spitz, August 1942
Kapitel 6

Ein Leben in Bildern

Im Jahr 1957 greift Jacob seine Bergdämonen noch einmal auf und hält sie in einem Ölgemälde fest. Aus kaum voneinander zu trennenden Körpern ohne Gesichter tritt eine Figur mit einer Krone im linken Bildrand besonders hervor, der sich Jacob einige Jahren später erneut widmen wird. Sein Gesundheitszustand wird schlechter, neben einer Genesung seiner Galle und Leber wünscht er sich ein „neues Aufflammen seiner Seele. Auf dem Selbstbildnis mit gelbem Pullover liegen seine Augen wie auf dem im Jahr 1913 entstandenen Selbstbildnis mit Zigarette in dunklen Höhlen. Vieles im Leben des sonst so leidenschaftlichen Jacob liegt im Schatten. Obwohl die Beziehung zu Charlotte in den Hintergrund tritt und schließlich zerbricht, schenkt sie ihm freundschaftlich verbunden einen Plattenspieler. Es sind wahrscheinlich die 3. Sinfonie Eroica des Komponisten Ludwig van Beethoven (1770–1827), die Jacob unzählige Male hört, Erinnerungen an eine frühere Begegnung mit Max Klinger (1857–1920), der Beethoven im Jahr 1902 eine monumentale Skulptur widmet und die Bergdämonen, die Jacob nicht loslassen und zu dem Gemälde Der Bergkönig inspirieren: Vor einem leuchtend roten Hintergrund sitzt eine Person erhöht auf einem Thron. Um sie herum scheint alles silbrig und golden zu schimmern und zu strahlen. Am 13. Juli 1964 stirbt Walter Jacob in Bad Hindelang im Allgäu. Seine Familie, die bei ihm ist, beschreibt friedliche und eindringliche letzte Stunden, in denen Jacob die Berge sehen und Wein trinken will.

Sonnenfinsternis und innere Erleuchtung

Im Jahr 1961 erleben die Menschen in Europa, Asien und einem Teil von Afrika eine totale Sonnenfinsternis. Im selben Jahr entsteht das Gemälde Der Bergkönig. Kurz bevor Walter Jacob die Arbeit daran beginnt, hat er nach eigenen Aussagen innerlich Feuer gefangen.

Farb-Puzzle

Ordnen Sie die Farben den Bildern zu und erfahren Sie mehr über den "Farbsymphoniker" Walter Jacob.

„Ich lodere bereits innerlich!!!

— Walter Jacob an Charlotte Jacob, Bad Hindelang, März 1960

Visitenkarte Walter Jacob, 1961

Für mehr Informationen zum Leben und Wirken Walter Jacobs lohnt sich auch ein Blick in den zur Ausstellung „Feuer und Farbe“ erschienenen Katalog der Dr. Cantz’schen Verlagsgesellschaft.